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Städte schenken ihren vorhandenen Wissensressourcen zunehmende Aufmerksamkeit und binden sie strategisch in kommunale Wachstumsstrategien ein. „Bürgermeister, Kommunalpolitiker sowie Hochschul- und Institutsleiter versuchen durch die Teilnahme an Wettbewerben wie Stadt der Wissenschaft oder durch Aufgreifen von Knowledge City-Strategien, bisher brachliegende Potentiale für die Stärkung der lokalen Wirtschaft in den Dienst zu nehmen.“(Franz 2004, S. 95).
In Berlin wollte die Regierungskoalition aus SPD und CDU eine rechtlich nicht bindende Entscheidung der Berliner Bevölkerung über die Olympia-Bewerbung herbeiführen. Nachdem Hamburg den Zuschlag für die Olympia-Bewerbung bekommen hat, gibt es in Berlin Bestrebungen, konsultative Volksbefragungen auch für andere Projekte zu ermöglichen. In Bayern hat die CSU-Mehrheit vor Kurzem die Möglichkeit solcher konsultativer Volksbefragungen im Rahmen eines einfachen Parlamentsgesetzes beschlossen. Angesichts der die Verfassungsstruktur verändernden Wirkungen solcher Volksbefragungen ist deren Einführung nur durch Verfassungsänderung zulässig. Dies ist in Hamburg zu beachten, wo die Bevölkerung ebenfalls über die Olympia-Bewerbung entscheiden soll. Anderenfalls könnte ein bundesweiter Dammbruch verfassungswidriger Volksbefragungen bevorstehen. Es gilt daher, einer negativen verfassungsrechtlichen Vorbildfunktion für andere Länder und gar den Bund vorzubeugen.
In nahezu jedem Personalauswahlverfahren stellt die Sichtung der Bewerbungsunterlagen den ersten Schritt der Beurteilung der Bewerber dar. Mit Hilfe einer Online-Befragung von 244 Personalverantwortlichen wird erstmals differenziert der Frage nachgegangen, welche Kriterien dabei in der Praxis der Personalauswahl zum Einsatz kommen. Die Ergebnisse werden zum einen mit Empfehlungen der Ratgeberliteratur, zum anderen mit den Befunden der personaldiagnostischen Forschung verglichen. In Übereinstimmung mit der Ratgeberliteratur zeigt sich eine starke Dominanz formaler Kriterien. Ergebnisse der Forschung spielen bei der expliziten Entscheidung für oder gegen bestimmte Kriterien keine Rolle. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde zur Validität der Unterlagensichtung kann die Aussagekraft der in der Praxis anzutreffenden Vorgehensweise als wenig valide eingeschätzt werden. Große Unternehmen schneiden dabei geringfügig besser ab als kleinere. Die Befunde werden diskutiert und Empfehlungen für Forschung und Praxis formuliert.
In einem Online-Experiment mit 776 Probanden wird untersucht, inwieweit ein Adelsprädikat im Namen der Bewerber, ihr Geschlecht sowie die Auswahlerfahrung der Beurteiler einen Einfluss auf die Bewertung der Kandidaten nimmt. Als Stimulusmaterial wurde den Beurteilern der Lebenslauf eines fiktiven Bewerbers vorgelegt und in systematischer Weise sowohl das Adelsprädikat als auch das Geschlecht der Bewerber variiert. Im Ergebnis zeigt sich, dass Bewerber mit Adelsprädikat signifikant anders bewertet werden als solche, die über kein Adelsprädikat verfügen (bezogen auf ihre Offensivität sowie die Wahrscheinlichkeit einer späteren Einstellung). Dies gilt in besonderer Weise für weibliche Bewerber mit Adelsprädikat im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer Einstellung. Männliche Bewerber werden unabhängig vom Adelsprädikat hinsichtlich ihrer Professionalität negativer bewertet als Frauen. Die Erfahrung der Probanden in der Personalauswahl schützt nicht vor entsprechenden Urteilsverzerrungen.
Ärztliches Handeln in der Geburtshilfe: Kriterien zur Entscheidungsfindung bei Interventionen
(2010)
Fragestellung: Der geburtshilfliche Alltag ist in vielen Kliniken von hohen Interventionsraten geprägt. Geburtshilfliche Expertinnen müssen Entscheidungen treffen und diese verantworten. Beeinflusst wird dieser Prozess durch unterschiedliche Faktoren. Diese Arbeit geht der Frage nach, welche Entscheidungskriterien Ärztinnen[1] nutzen, um sich für oder gegen die Durchführung geburtshilflicher Interventionen (Sectio caesarea, Episiotomie, Geburtseinleitung, CTG-Überwachung) zu entscheiden. Zudem wird untersucht, ob sich diese Kriterien im zeitlichen Verlauf verändern. Material und Methodik: Längsschnittliches qualitatives Design mit 2 Erhebungszeitpunkten. In 2 Kliniken wurden geburtshilflich tätige Ärztinnen (Assistenz-, Ober- und Chefärztinnen) befragt. Zu T1 wurden insgesamt n = 26 und zu T2 n = 23 leitfadengestützte problemzentrierte Interviews nach Witzel unter Berücksichtigung der Experteninterviews nach Meuser und Nagel durchgeführt. Ergebnisse: Es konnten 20 Kategorien zur Entscheidung für oder gegen die Durchführung geburtshilflicher Interventionen identifiziert werden. Die Ergebnisse deuten auf eine Dominanz der medizinischen Indikationen im Entscheidungsprozess hin, wobei häufig eine enge Anlehnung an abteilungsinterne Leitlinien erfolgt. Zudem werden neben mehreren strukturellen und subjektiven Faktoren insbesondere die Berufserfahrung der Expertinnen und die Berücksichtigung maternaler Wünsche als ausschlaggebende Entscheidungskriterien angeführt. Im zeitlichen Verlauf scheinen die meisten Entscheidungskriterien stabil zu sein. Veränderungen lassen sich jedoch mit wachsender Berufserfahrung erkennen. Schlussfolgerung: Geburtshilfliche Entscheidungen sind multifaktoriell und unterliegen medizinischen und nicht medizinischen Einflüssen mit einer gewissen zeitlichen Stabilität. Um den individuellen Bedingungen geburtshilflicher Situationen gerecht zu werden, müssen die getroffenen Entscheidungen stets evaluiert werden. Eine hohe Reflexionsfähigkeit der Expertinnen ist damit unabdingbar, auch für den eigenen Lernprozess und die hohen Anforderungen des Berufs.