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Die ambulante Wochenbettbetreuung. Eine qualitative Studie zum Professionellen Handeln von Hebammen
(2018)
Die aufsuchende Versorgung in der Zeit nach der Geburt eines Kindes ist eine wichtige gesundheitliche Dienstleistung in einer Übergangsphase im Leben von jungen Familien. Im Mittel-punkt der vorliegenden Arbeit steht das professionelle Handeln der in der ambulanten Wochen-bettbetreuung tätigen Hebammen. Aus der Perspektive der Hebammen konnten Handlungsansätze und Entscheidungsmaxime vor dem Hintergrund veränderter Anforderungen in der Berufspraxis dargestellt werden. Ziel der vorliegenden Studie war es, einen theoretischen Beitrag für die professionelle Gestaltung der Wochenbettbetreuung zu geben und die Bedeutung dieses komplexen Handlungsfeldes herauszustellen.
Datengrundlage dieser qualitativen Studie sind offene Leitfadeninterviews mit 28 Hebammen, die über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung verfügten und in unterschiedlichen Betreuungssettings sowie zu unterschiedlichen strukturellen Rahmenbedingungen arbeiteten. Die Datenerhebung erfolgte in zwei Erhebungsrunden von April 2013 bis Januar 2015. Die Daten wurden inhaltsanalytisch und rekonstruktiv hermeneutisch analysiert.
Es zeigt sich ein Zusammenspiel von handlungsleitenden Sichtweisen, Handlungsgrundlagen und professionellen Handlungsdeterminanten. Neben konkreten Betreuungskonzepten konnten mit den vorliegenden Ergebnissen verschiedene Handlungsdeterminanten, wie die gesundheitliche Versorgung von Mutter und Kind, die Beziehungsgestaltung zwischen Frau und Hebamme, der Einbezug familialer Unterstützungsleistungen und verschiedene strukturelle Handlungsdeterminanten analysiert werden. Grundelemente der Hebammenarbeit sind die Begleitung und Beobachtung physiologischer mütterlicher Umstellungs- sowie kindlicher Entwicklungsprozesse, aus denen sich sowohl diagnostische, pflegerisch-therapeutische, praktisch-anleitende und beratende Handlungsformen als auch Handlungsformen mit psychosozialer Ausrichtung ableiten. Die Ergebnisse verweisen auf ein heterogenes Praxisfeld, welches einer breiten Expertise der Hebammen bedarf. Die professionelle Gestaltung Hebammenkundlicher Handlungsprozesse sollte im Sinne einer Praxis erfolgen, die Wissen, Können und Reflexion bewusst verbindet und die Autonomie der Lebenspraxis der Frauen und Familien respektiert. Ein genau definierter Versorgungsauftrag sowie evidenzbasierte Leitlinien und Expertenstandards könnten die Hebammen unterstützen, ihre Ressourcen entsprechend einer bestmöglichen postnatalen Versorgung von Frauen und ihren Familien zu nutzen.
Hebammenteams in Deutschland – Lösungsansätze für Herausforderungen im freiberuflichen Arbeitsfeld
(2019)
Hintergrund: Ein zunehmender Mangel an berufstätigen Hebammen in Deutschland ist zum Teil auf die Unzufriedenheit vieler Hebammen mit den Arbeitsbedingungen zurückzuführen. Dies führt vielfach zu Reduzierung der Arbeitszeit und Berufsaufgabe. Angeregt durch Teamstrukturen der Pflegeorganisation Buurtzorg in den Niederlanden, deren Mitarbeiter eine sehr hohe Zufriedenheit auf-weisen, wurde die Frage gestellt, inwieweit auch Hebammen im Team innerhalb des bestehenden Systems in Deutschland ihre Arbeitsbedingungen verbessern können.
Ziel: Da freiberufliche Hebammen mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben als in der Klinik, soll her-ausgearbeitet werden, welche Lösungen für Herausforderungen im freiberuflichen Arbeitsfeld von bestehenden Hebammenteams entwickelt wurden, in welcher Weise diese die Zufriedenheit im Beruf erhöhen können, und welche Anregungen von Buurtzorg zusätzlich zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen könnten.
Methode: In einer qualitativen Querschnittsstudie wurden fünf leitfadengestützte Interviews mit Ver-tretern von Hebammenteams in Deutschland und eines mit Mitarbeiterinnen der niederländischen Wochenpflegeorganisation Buurtzorgkraam, einer Tochter von Buurtzorg, geführt. Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte angelehnt an die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz.
Ergebnisse: Die Organisation im Team kann u.a. in folgenden Bereichen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zeitigen: geregelte Freizeit, Rationalisierung mit Freisetzung von mehr Zeit für die Betreuung sowie höhere Vergütung. Durch die Teamarbeit selbst kommen weitere Herausforderungen auf, insbesondere in den Bereichen Entscheidungsfindung, Kommunikation, Fluktuation und Wachstum.
Diskussion: Besondere Vorteile von Teamarbeit sind die Unterstützung durch Teamkolleginnen und die Sicherstellung der Betreuungskontinuität bei erforderlichem Wechsel der Hebamme. Vielen potenziell belastenden Faktoren kann im Team besser begegnet werden. In Bezug auf Entscheidungsfindung und Wachstum bzw. Teilung von Teams kann der Blick auf Buurtzorg zusätzliche Anregungen geben. Die Frage, ob die erhöhte Arbeitszufriedenheit tatsächlich zu einer Verbesserung der Versorgunglage führt, bleibt offen und sollte Gegenstand weiterer Forschungen sein.
Angesichts der wachsenden Zahl chronisch erkrankter Menschen auch in der reproduktiven Lebensphase gewinnt das Thema der Versorgung betroffener Frauen in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett an Aktualität. Frauen mit chronischen Erkrankungen müssen in der Zeit rund ums Mutterwerden sowohl die grundsätzlichen Herausforderungen dieser Lebensphase als auch die Besonderheiten ihrer Erkrankung bewältigen. Ihr Erleben und Bewältigungshandeln in diesem Spannungsfeld ist Gegenstand der vorliegenden Dissertation. Die Ergebnisse sollen auch der Entwicklung angepasster Versorgungs-konzepte rund um die Geburt dienen.
Die Untersuchung wurde entsprechend der Grounded Theory Methodologie durchgeführt. Datengrundlage sind 27 Interviews mit Frauen, die ein Kind geboren haben und mindestens zwei Jahre vor der Schwangerschaft chronisch erkrankten. Die Auswertung der Daten und Identifizierung der Kategorien folgte den Prinzipien des Theoretischen Samplings, der komparativen Analyse und des begleitenden Schreibens von Memos.
In den Ergebnissen kann gezeigt werden, dass betroffene Frauen in der Schwangerschaft die Sicherstellung größtmöglicher Gesundheit in gleichzeitiger Sorge um zwei bedürftige Körper, des eigenen und den des Ungeborenen, zum Ziel haben. Allgemeine Bedingungen der Erkrankung wirken auf dieses Geschehen ein. Der Einsatz verschiedener Strategien wie die Beobachtung der körperlichen Veränderungen und des kindlichen Wachstums, des Generierens von Wissen und die Aushandlungsprozesse mit den Professionen des Gesundheitssystems führen zu einer positiven oder negativen Bewertung und Bewältigung der Situation. Diese münden entsprechend in einem Gefühl neuer Potenz und Selbstermächtigung oder in einer Irritation gegenüber dem Krankheitsmanagement und potenziellen Handlungsoptionen.
Für die Frauen mit chronischen Erkrankungen hat das Gesundheitssystem in der Phase des Mutterwerdens eine relevante Bedeutung. Dabei wird deutlich, dass die Anforderungen an die Krankheits-, Biografie- und Alltagsarbeit bei ihnen verstärkt erlebt werden. Auch unterscheidet sich ihr Erleben, trotz einer für fast alle Frauen geltenden risikoorientierten Schwangerenbetreuung, in der Ausprägung, Dringlichkeit und Komplexität von dem der Frauen ohne Krankheitsdiagnose oder mit akuten Schwangerschaftskomplikationen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Beziehung zum Kind und die Wahrnehmung gesellschaft-licher Teilhabe und Normalität.
Hintergrund
Negatives Geburtserleben steht im Verdacht mit nachfolgender Sterilität, einem längeren Abstand zum nächsten Kind, sowie dem Wunsch nach einer primären Sectio bei einer weiteren Schwangerschaft assoziiert zu sein. Die derzeitige Datenlage ist kontrovers.
Methodisches Vorgehen
Das Design entspricht einer explorativen, qualitativen Querschnittsstudie. Dazu wurden zehn leitfadengestützte Interviews nach dem Prinzip des Problemzentrierten Interviews durchgeführt. Eingeschlossen wurden Primiparae, die vor dem 11.03.2020 (vor den Einschränkungen der Covid-19-Pandemie) geboren haben. Die Interviews wurden nach der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz analysiert.
Ergebnisse
Insbesondere Frauen mit negativem Geburtserleben tendieren zu einer abgeschwächten Bereitschaft für eine weitere Schwangerschaft, dazu keine weitere Schwangerschaft zu planen sowie einen längeren Abstand zu einer weiteren Schwangerschaft zu wahren. Nur in Einzelfällen kann bei Frauen mit positiver Geburtserfahrung eine verstärkte Bereitschaft für eine weitere Schwangerschaft festgestellt werden. Die Entscheidung bezüglich der Planung einer Schwangerschaft ist multifaktoriell und sowohl vom Geburtserleben als auch von persönlichen, medizinischen, familiären und finanziellen Aspekten abhängig.
Diskussion
Besonders das Auftreten medizinischer Besonderheiten, das negative Erleben des Geburtsmodus, der peripartalen Schmerzen sowie der Betreuung und Versorgung scheinen Einflussfaktoren zu sein, welche die Bereitschaft für die Planung einer weiteren Schwangerschaft abschwächen. Es besteht weiterer Forschungsbedarf durch quantitative Arbeiten und in der Begriffsdefinition von Geburtserleben.
Fazit
Das individuelle Geburtserleben von Primiparae kann einen Einfluss auf die Planung einer weiteren Schwangerschaft haben.
Hintergrund
Mehr als die Hälfte aller schwangeren Frauen wird bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Geburt in den Kreißsaal aufgenommen. Von Seiten der Frauen bestehen Unsicherheiten insbesondere darüber, ob die Geburt begonnen hat. Ist der Geburtsbeginn diagnostiziert und die Frau in den Kreißsaal aufgenommen, wird ein deutliches Voranschreiten der Geburt von Geburtshelferinnen und -helfern sowie den werdenden Eltern erwartet. Wissenschaftliche Evidenzen weisen auf einen Zusammenhang von früher Kreißsaalaufnahme und häufigeren Diagnosen von Geburtsdystokien und vermehrten Interventionen hin. In diesem Zusammen-hang wird darüber diskutiert, dass Frauen während der beginnenden Geburt möglicherweise nicht die optimale Betreuung erhalten. Die Forschenden fordern, Managemententscheidungen unter Berücksichtigung der Physiologie der Latenzphase und aktiven Geburtsphase aufeinander abzustimmen. Diese international übliche Unterteilung der ersten Geburtsphase erfährt in Deutschland eine zunehmende Aufmerksamkeit. Sie birgt die Chance, Frauen in der Latenzphase besser über den zu erwartenden Geburtsfortschritt aufzuklären, sie gezielter zu unterstützen und die Rate der diagnostizierten Geburtsdystokien zu reduzieren.
Zielsetzung
Der Einsatz eines selbstentwickelten Dokumentenformulars – Dokumentation Latenzphase – zur Diagnose des Geburtsbeginns und der Latenzphase und zur Unterstützung der klinischen Entscheidungsfindung von Hebammen1 in einem Hebammenkreißsaal, sollte das professionelle, abwartende Verhalten von Hebammen während der frühen Phase der Geburt fördern. Es wurde erwartet, dass die Berücksichtigung der Latenzphase und des damit verbundenen langsamen Geburtsfortschritts im Betreuungsprozess dazu führt, dass weniger Frauen während der Geburt vom Hebammenkreißsaal in den üblichen Kreißsaal weitergeleitet werden müssen. Zudem wurde eine nominelle Verlängerung der Dauer der dokumentierten Eröffnungsperiode erwartet.
Methodik
Die Wirkung der Dokumentation Latenzphase wurde in einer pragmatischen quasi-experimentellen Studie getestet. Hebammen des Hebammenkreißsaals der Interventionsklinik wurden zu Inhalt und Anwendung der Dokumentation Latenzphase geschult. In der Kontrollklinik wurden keine Änderungen an der Dokumentation der Betreuung vorgenommen, die Hebammen erhielten keine Schulung zur Latenz-phase und aktiven Geburtsphase. Für den Basisdatensatz wurden in der Interventionsklinik n = 137 Geburten vor Einführung der Intervention retrospektiv aus den Patientenakten erhoben. Im Interventionszeitraum wurden n = 147 Geburten dokumentiert. Zum Vergleich der Ergebnisse wurden insgesamt n = 183 Datensätze aus einer Kontrollklinik mit Hebammenkreißsaal herangezogen. Der Effekt wurde gemessen an der Häufigkeit, der vom Hebammenkreißsaal in den üblichen Kreiß-saal weitergeleiteten Geburten und der Dauer der dokumentierten Eröffnungsperiode. Weitere Outcomes betrafen die Anwendung von Oxytocin und Amniotomie und einer Schmerzbehandlung sowie von speziellen Betreuungsmaßnahmen von Hebammen. Explorative Analysen bezogen sich auf die Anwendung von medizinischen Maßnahmen in Abhängigkeit von der Geburtsphase (Latenzphase/aktive Geburtsphase) bei stationärer Aufnahme in der Interventionsklinik.
Unterschiede wurden mithilfe von Chi2-Tests und Ereignisfunktionen ermittelt. Mögliche Einflüsse auf die Weiterleitung und Eröffnungsdauer wurden mit logistischen und Cox-Regressionen analysiert.
Ergebnisse
In beiden Kliniken werden keine signifikanten Veränderungen der Weiterleitung in den üblichen Kreißsaal vom Basis- zum Interventionszeitraum beobachtet. Entgegen dem Trend zu mehr Weiterleitungen von Erstgebärenden in der Kontrollklinik, blieb die Rate in der Interventionsklinik stabil. Die dokumentierte Dauer der Eröffnungsperiode stieg in der Interventionsklinik signifikant von durchschnittlich 6,00 auf 7,43 Stunden (p = 0,006). In der Kontrollklinik war keine Veränderungen nachzuweisen (5,19 vs. 4,89 Std.).
Schlussfolgerungen
Im Vergleich zur ansteigenden Weiterleitungsquote von Erstgebärenden in der Kontrollklinik und auf Basis der generell niedrigeren Weiterleitungsquote in der Interventionsklinik, ist die stabile Rate für Erstgebärende als Hinweis auf eine differenziertere Weiterleitungspraxis und ein stärker ausgeprägtes abwartendes Verhalten in der Interventionsklinik zu deuten. Die Verlängerung der Eröffnungsperiode zeigt auf, dass die Latenzphase über die Dokumentation Latenzphase erfolgreich in die Geburtszeit integriert wurde und Berücksichtigung fand.